Freitag, 25. April 2014

Kapitel 5 - All Parts/Complete

Leksi saß eingepfercht  zwischen Elijah und Blake auf der Bank der Kutsche. Das Gefühl war irgendwie beklemmend und es war so still, dass die Geräuschlosigkeit in ihren Ohren brannte. Sie hatte in Blake’s Anwesenheit den Rest ihrer Sachen zusammen gepackt und war anschließend mit ihm nach unten in das Foyer gegangen. Die Minuten, in denen er auf sein Zimmer gegangen war, kamen ihr endlos vor. Dann ging alles ganz schnell. Erst kam Elijah mit seinem Koffer um die Ecke und gleich darauf folgte Blake. Die Kutsche war derweil schon im Hof vor dem Internet vorgefahren. In Idris funktionierten Autos nicht und es gab nur einige Ausnahmen, wie den Internatsbus, die mit Elbenlicht fuhren. 
Blake hatte den Kopf zum Fenster gewandt, während Leksi aus dem Augenwinkel merkte, wie Elijah sie beobachtete. Als sie den Kopf zu ihm wand, lächelte er sie amüsiert an. Er schien zu spüren, wie unangenehm ihr die Situation war. Aber was war wohl auch recht leicht, da sich ihr gesamter Körper seltsam angespannt hatte und sie sehr steif dasaß. 
„Wie lange bleibst du eigentlich, Loverboy?“, durchbrach Elijah die Stille. Leksi sah ihn überrascht an, doch er schenkte ihr keine Beachtung mehr. Stattdessen fixierte er Blake. Dieser drehte sich vom Fenster weg, um seinen Blick zu erwidern.
„Übermorgen muss ich los.“, sagte er knapp und drehte sich wieder zurück zum Fenster. Die Kutsche hatte schon den kleinen Wald durchquert, der die Stadt vom Internat abgrenzte und holperte über die unebenen Straßen Alicantes. 
„Und du hast keine Bedenken Aleksa bei mir allein zu lassen?“, wollte Elijah wissen. Allerdings schwang etwas provokantes in seiner Stimme mit.
„Wieso sollte ich?!“, entgegnete Blake gelassen.
„Hast du nicht Angst, dass wir zusammen durchbrennen?“, lächelte er. Leksi schaute ihn verwirrt an. Als Elijah ihren Blick bemerkte, zwinkerte er ihr belustigt zu. Ein unmerkliches Zucken ging durch Blake. Elijah hatte dies wahrscheinlich nicht bemerkt, aber Leksi, die dicht neben ihm saß, hatte es gespürt. 
„Nein.“, sagte Blake schließlich. „Auf die Idee würde Leksi nicht kommen.“
„Charmant wie eh und je.“, grinste Elijah und lehnte sich zufrieden zurück. Sein Angriff auf Blake war fürs erste vorbei. Den Rest der Fahrt schwiegen sie wieder und Leksi versuchte ihren Ohrwurm loszuwerden, der das Lied vom Training mit Elijah war. Ihr kam es so vor, als wären seit dem Test schon einige Tage vergangen und nicht erst einige Stunden. Langsam aber sicher schob sich die Sonne dem Horizont entgegen. Die Stadt schimmerte mehr denn je in goldenem Glanz. 
Die Kutsche blieb abrupt stehen. Leksi hörte das Rauschen des Flusses und das Rascheln des Laubes, das über die Straßen gefegt wurde. Als sie hinter Blake aus der Kutsche kletterte erblickte sie ein gigantisches Anwesen, das an einem Hang stand. Dunkle bedrohliche Fenster schienen wie Augen aus dem Haus zu gucken. Efeu wucherte über das Mauerwerk und schien schon beinah die Eingangstür zu verschlingen. Leksi nahm ihren Koffer und ging langsam den schmalen Weg hinauf zum Haus. Der Garten war ziemlich groß, der Zaun war verwahrlost und morsch. An einigen Stellen erkannte man, dass das Holz wohl einmal golden lackiert gewesen war. Seichter Wind strich Leksi durch das Haar und ließ sie frösteln. Elijah ging einige Meter vor ihr und selbst er schien etwas angespannt zu sein. Er öffnete die schwere Eingangstür. Dahinter lag Dunkelheit. Einige Sekunden später tauchte ein großer Deckenlüster die Eingangshalle des Hauses in ein schummriges Licht. Eine Elbenlichter fehlten in dem mit Kristallen bestückten Kronleuchter. Vorsichtig betrat Leksi das Haus und sofort überrollte sie der Geruch von Mottenkugeln und Staub. Auf dem Boden lag ein runder Teppich mit Runen darauf, der bei jedem Schritt vor Staub spuckte. Zur linken Seite führte eine breite Treppe nach oben zu einer Galerie, von der aus man in die Eingangshalle blicken konnte. Ein feiner Staubfilm überzog jede Treppenstufe und das gesamte Geländer. Nicht ein einziger Fingerabdruck war zu sehen, so als sei schon Ewigkeiten niemand mehr diese Treppe hinauf gestiegen. Das Haus hatte definitiv etwas gespenstisches. 
„Gebt mir eure Jacken.“, meinte Elijah, der schon dabei war sich aus seinem Mantel zu schälen. Leksi zog ebenfalls ihren Mantel aus und reichte ihn Elijah. Ein zerbrochener Spiegel war der Mittelpunkt der üppigen Garderobe, die aus Holz geschnitzt war und eine Reihe von Engeln mit Schwertern zeigte. Erst jetzt bemerkte Leksi, dass es rechts neben der Treppe noch weiter nach hinten ging. Dieser Teil des Raumes war allerdings nicht beleuchtet und so konnte sie nur schemenhaft die Umrisse eines Flügels erkennen. 
„Verzeiht die leicht staubige Umgebung.“, meinte Elijah dann und schaute sich etwas entsetzt um. 
„Du kannst dich tatsächlich für etwas entschuldigen?!“, fragte Blake. 
Elijah grinste und ging gar nicht weiter auf die Bemerkung ein. 
„Eure Zimmer sind oben. Ich zeig euch wo.“, sagte er schließlich und ging auf die Treppe zu. Leksi war ihm sofort gefolgt und bevor sie die erste Stufe nehmen konnte, nahm er ihr den Koffer ab. 
„Danke.“, stammelte Leksi, die mehr als überrascht von dieser Geste war. 
Oben angekommen erstreckte sich ein Flur in beide Richtungen des Hauses. Elijah ging geradewegs nach links weiter. Er stieß mit einem Fuß eine Tür auf: „Loverboy.“, sagte er dabei und nickte mit dem Kopf in Richtung der nun offenen Tür. Genervt betrat Blake sein Zimmer. Ein recht großer Raum mit einem großen Bett und weiteren Möbeln allesamt aus dunklem Holz. Hier war es nicht ganz so staubig wie im Rest des Hauses. Blake ging zum Fenster, das den Blick auf den Vorgarten freigab. 
Elijah war inzwischen weitergegangen und hielt nun vor einer Tür an, die sich am Ende des Flures befand. 
„Weit genug weg von Loverboy?!“, sagte er und öffnete dann die Tür. Leksi musste grinsen. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft. Das mulmige Gefühl in ihrem Bauch ließ langsam nach. 
„Wohnt niemand anderes hier?“, fragte Leksi.
Elijah’s Blick wurde ernst. „Meine Mutter, aber die scheint ausgeflogen zu sein.“, sagte er und rang nach einem Lächeln. Leksi nickte nur und trat dann in den großen Raum. Grüne Vorhänge säumten die großen Fenster, über dem Bett hing ein großes Gemälde einer Landschaft und vor einem der Fenster stand ein Ohrensessel, der jetzt schon extrem einladend aussah. 
„Ich hoffe es gefällt dir.“, sagte Elijah. 
„Natürlich.“, sagte Leksi sofort und schaute sich neugierig um. Sie entdeckte eine alte Truhe, in die zu gern sofort einen Blick geworfen hätte. Zur linken Seite des Zimmers stand eine große Kommode, mit verschnörkelten Knöpfen. Sogar einen Kamin gab es in diesem Zimmer. Daneben war sorgfältig Holz in einem Korb gestapelt. 
„Und wo ist dein Zimmer?“, wollte Leksi wissen. 
„Damit du dich nachts zu mir schleichen kannst?“ Elijah hatte sein schiefes Grinsen zurück im Gesicht. 
„Aber…“, fing Leksi einen Satz an.
„Das war doch nur ein Scherz. Mein Zimmer ist auf der anderen Seite, ganz dort hinten.“, sagte er. Er war in den Flur getreten und zeigte nun mit dem Finger zu der gegenüber liegenden Seite des Flures, wenn man von der Treppe aus nach rechts geht. 
„Und ich hätte gedacht du verfrachtest mich ans Ende.“, sagte in dem Moment Blake, der seinen Kopf aus der Tür gesteckt hatte.
„Der Gedanke ist mir noch gar nicht gekommen.“, bemerkte Elijah. „Das nächste Mal werde ich versuchen diesen Wunsch zu berücksichtigen.“ Damit packte er Leksi an den Schultern und drückte sie rückwärts zurück in ihr Zimmer. Er winkte Blake zu und schloss dann die Tür hinter sich. Leksi schaute ihn verwirrt an. 
„Du bist sicher, dass du es mit dem hier aushältst?“, fragte er dann und zog die Augenbrauen hoch. 
„Ich schon. Aber ob du damit zurecht kommst, bezweifle ich.“, meinte Leksi.
„Ich will den ja aber auch nicht hier haben.“
„Ich weiß ihr versteht euch nicht. Aber es sind doch nur noch zwei Tage, die er hier ist. Dann hast du erst einmal deine Ruhe. Und ich falle dir schon nicht auf die Nerven. Ich bleibe einfach in meinem Zimmer und lese.“, meinte Leksi. 
Elijah’s ernster und genervter Blick wich einem weichen Ausdruck, der fast schon verletzt aussah. Er schaute ihr tief in den Augen und öffnete gerade den Mund, um etwas zu sagen, als es an die Tür klopfte.
„Alles in Ordnung da drin?“, rief Blake’s Stimme durch das Holz. Elijah rollte mit den Augen. Er riss die Tür auf und sah Blake genervt an.
„Dein Timing ist echt unschlagbar, Loverboy.“, sagte er und stapfte an ihm vorbei den Flur hinunter. 
„Nenn mich doch nicht immer so.“, rief Blake im aufgebracht hinterher. 
„Loverboy!“, entgegnete Elijah.
Leksi stand perplex in ihrem Zimmer und betrachtete Blake, der ziemlich wütend aussah. Seine braunen Haare fielen ihm in die Stirn und betonten seine grünen Augen um so mehr. 
„Du hast echt ein schönes Zimmer bekommen.“, bemerkte er und trat hinein. Leksi nickte zur Bestätigung.
„Soll ich dich allein lassen? Damit du in Ruhe auspacken kannst?“, wollte Blake wissen. Leksi liebte diese Art an ihm. Er drängte sich ihr nie auf und war auch nicht geknickt, wenn sie mal allein sein wollte. Leksi nickte und lächelte ihn an. Sie merkte er jetzt wie müde sie eigentlich war.
„Bis nachher dann.“, meinte Blake ruhig. Der Klang seiner Stimme verpasste Leksi eine leichte Gänsehaut. Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, ging Leksi zu dem großen Bett und ließ sich darauf fallen. Sie sank in die weiche Matratze, zog unbeholfen die Decker unter sich hervor und vergrub sich in dem Berg aus Kissen. Sie sog tief den muffigen Geruch ein und schloss die Augen. Obwohl das Haus so fremd war, erschien es ihr dennoch so heimisch. Sie fühlte sich auf eine seltsame Art und Weise wohl und vor allem sicher. Im Internat hatte sie sich entblößt gefühlt und vorgeführt. Hier war sie abgeschirmt und für sich allein. Langsam entspannte sie sich. Ihr Kopf war nun völlig frei und ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Der Schlaf holte sie. Ein tiefer, traumloser Schlaf.

Leksi hörte ein leises Klopfen an der Tür. Sie öffnete verschlafen die Augen. Plötzlich realisierte sie, dass sie eingeschlafen war und es mittlerweile dunkel vor den Fenstern war. Das Klopfen ertönte noch einmal. Leksi schaltete die staubige Lampe auf dem Nachttisch an und krabbelte aus dem Bett, um über den kalten Holzboden zur Tür zu gelangen. Sie fragte sich, wer klopfte und hatte keine Ahnung wie spät es überhaupt war. Als sie die Tür öffnete blendete sie das gleißende Licht, das aus dem Flur in ihr Zimmer drang.
„Habe ich dich geweckt?“, fragte eine Stimme. Leksi nickte. Sie blickte in Elijah’s hellblaue Augen aber schaffte es sofort den Blick abzuwenden, um nicht wieder hypnotisiert zu werden.
„Ich habe dir Sandwiches gemacht.“, sagte er. Erst jetzt bemerkte Leksi, dass er ein Tablet in den Händen hielt. Sie ließ ihn herein und schloss die Tür hinter ihm.
„Wie spät ist es?“, wollte sie wissen.
Elijah lachte sie an und stellte das Tablett am Fußende des Bettes ab. „Es ist kurz nach Mitternacht.“, sagte er dann. „Da du nicht zum Essen gekommen bist, als Blake dich gerufen hat, dachte ich entweder du hast dich entschlossen ihn nicht sehen zu wollen oder bist eingeschlafen.“
Leksi’s Magen knurrte in diesem Moment.
„Anscheinend war es eine gute Idee dir etwas zu essen zu bringen.“, sagte er und nickte in Richtung der Sandwiches.
Leksi kletterte zurück ins Bett und zog das Tablett an sich heran. Elijah drehte sich um, um zu gehen aber Leksi hielt ihn auf.
„Möchtest du keine?“, fragte sie.
„Ich hatte genug, danke.“, sagte er aber ging zurück zum Bett und setzte sich auf die kleine Bank, die davor stand.
„Bist du immer noch müde?“, wollte er wissen.
„Nein, eigentlich nicht.“, sagte Leksi. „Aber bist du nicht müde? Warst du die ganze Zeit wach?“, fragte sie.
„Ein wenig.“, antwortete er.
„Du siehst aber sehr müde aus.“, stellte Leksi fest.
„Tu ich das?!“
Leksi nickte als Antwort und biss von einem der Sandwiches ab. Elijah beobachtete sie. Ihre Haare waren durcheinander und ihr Mascara unter den Augen verschmiert. Sie hatte immer noch den Internatspullover an, der sie noch blasser erscheinen ließ.
„Wieso siehst du mich schon wieder so an?“, unterbrach sie seine Gedanken.
„Wie denn?“, fragte er verwirrt.
„Dieser eine Ausdruck.“, sagte sie. Elijah lächelte. „Genau der.“, deutete Leksi. Er drehte sich kopfschüttelnd weg und als er sie wieder ansah, merkte sie, wie ihr Herz einen Satz machte. Sie fühlte sich unwohl und entblößt.
„Hör auf!“, sagte sie wütend.
„Ich mache rein gar nichts.“, sagte Elijah und hob abwehrend die Hände.
„Das glaube ich dir nicht. Das machst du mit Absicht.“, sagte sie und schloss die Augen zu schmalen Schlitzen.
„Wie bitte?!“, fragte er und erhob sich. Leksi drückte das Tablett von sich und stand vom Bett auf um sich vor Elijah aufzubäumen. 
„Wieso kommst du mitten in der Nacht? Wieso hast du mich nicht einfach schlafen lassen?“, fuhr sie ihn an.
„Ist es das, was du wolltest?“, fragte er und hob die Augenbrauen.
„Das ist doch egal. Aber Fakt ist, du nutzt meine schwachen Momente aus.“, antwortete sie.
„Also sind deine schwachen Momente, wenn du gerade geschlafen hast, deine Koffer packst, während des Trainings,…“, sagte er. Leksi schlug ihm auf den Arm.
„Hör auf!“, sagte sie wütend.
Elijah grinste sie an.
„Was ist daran so lustig?“, wollte sie wissen.
„Du siehst nur einfach so komisch aus.“, sagte er und lachte. Leksi schnappte nach Luft und drehte sich theatralisch um. Doch Elijah packte sie am Handgelenk und zog sie zurück.
„So meine ich das nicht. Deine Haare sind nur völlig zerzaust.“, sagte er und versuchte sie mit den Fingern zu ordnen. Leksi atmete ziemlich schnell und wusste nicht, was sie tun sollte. Elijah’s Berührung ließ sie erröten und sie hoffte inständig, dass er dies nicht bemerken würde. Sie nahm seinen zimtigen Duft wahr und fragte sich was es wohl war, das ihn so duften ließ. Die dunklen Ränder unter seinen Augen, ließen die eisige Farbe der Iris noch heller und farbloser erscheinen. Seine Hand war warm, sodass Leksi erst jetzt bemerkte, wie kalt ihr eigentlich war.
„Ich nutze deine schwachen Momente nicht aus, Lex!“, sagte er mit sanfter Stimme. „Du machst mich schwach.“
Leksi schaute ihn überrascht an.
„Wenn ich dich sehe…“, begann er.
„Nicht!“, unterbrach Leksi ihn. „Sag so etwas nicht!“, sagte sie und schüttelte den Kopf.
„Warum nicht?“, wollte er flüsternd wissen und starrte sie durchdringend an.
„Du machst es schon wieder.“, flüsterte sie zurück.
„Es ist nicht meine Schuld, dass du total auf mich stehst.“, sagte er.
„Was??“, fragte sie ungläubig. „Ich stehe nicht total auf dich.“, sagte sie, nun wieder völlig bei Verstand.
„Sicher.“, sagte Elijah mit einem sarkastischen Unterton.
„Wieso denkst du das?“, wollte sie wissen.
„Es ist dieser Blick, den du mir schenkst, immer wenn wir allein sind. Und seine errötenden Wangen.“, sagte er und strich vorsichtig mit den Fingerspitzen über Leksi’s Gesicht. Warme Schauer krochen über ihren Körper. Schwindel überkam sie. Sie blinzelte einige Male.
„Mir… mir geht es nicht gut.“, sagte sie. Ihr Gesicht begann zu kribbeln und sie sah alles verschwommen. Kurz bevor sie umkippte, fing Elijah sie an den Schultern ab.
„Alles okay?“, fragte er. „Es tut mir leid.“
Leksi schüttelte den Kopf. Tränen drückten gegen ihre Augen. Sie wollte unbedingt näher an Elijah heran. Sie ließ sich in seine Arme sinken, sodass er sie festhalten musste.
„Kannst du gehen?“, wollte Elijah wissen. Leksi schüttelte erneut den Kopf. Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Elijah nahm sie hoch und trug sie zurück zum Bett.
„Du solltest dich hinlegen.“, sagte er. Als er Leksi loß ließ, hielt sie ihn am Nacken fest. Er wurde von der plötzlichen Kraft überrascht und ließ sich neben dem Bett auf die Knie nieder. Leksi legte ihren Kopf auf seine Schulter. Elijah legte seine Arme um sie und streichelte ihren Rücken.
„Lex?“, fragte er.
„Ja?“, antwortete sie mit ihren Lippen nah an seinem Hals, sodass ihr Atem ihm eine Gänsehaut verpasste.
„Jetzt bin ich diejenige, die sagen kann, dass du Gänsehaut hast.“, sagte sie.
Elijah lachte leise. „Ich glaube das ist nur fair.“

Am nächsten Morgen fühlte sich Leksi merkwürdig. Sie hatte verschwommene Bilder von den Geschehnissen der letzten Nacht im Kopf, aber es fühlte sich an, wie ein seltsamer Traum. Ihr Kopf tat weh und sie war sich nicht sicher, ob Elijah wirklich bei ihr gewesen war. Als Leksi allerdings das Tablett auf dem Boden neben ihrem Bett stehen sah, kamen die Erinnerungen zurück.
Nachdem sie geduscht hatte, zog sie sich an und entschied sich nach unten zu gehen, um zu sehen, was die anderen so machten.
„Guten Morgen!“, strahlte Blake ihr entgegen, als sie das Ende der Treppe erreichte. Sie versuchte mit einem Lächeln zu antworten, was ihr aber nicht recht gelang. Sie fühlte sich immer noch unwohl und hatte Angst jede Minute Elijah über den Weg zu laufen.
„Ich habe Frühstück gemacht.“, sagte Blake und winkte Leksi in die Küche. Der Raum war ziemlich groß und mit gelben Kacheln übersät. Es roch nach frisch gepresstem Orangensaft und Eiern.
„Ist Elijah nicht hier?“, fragte Leksi und schaute sich in der Küche um.
„Nein. Der ist vor einer Weile weggegangen.“, sagte Blake und rückte einen Stuhl vom Tisch ab, damit Leksi sich setzen konnte.
„Wann kommt er wieder?“, fragte Leksi und versuchte so beiläufig wie möglich zu klingen.
Blake zuckte mit den Schultern. „Er hat nichts gesagt.“, sagte er und füllte Leksi’s Glas mit Orangensaft.
„Dankeschön.“, sagte Leksi, als er das Glas neben ihren Teller stellte, der schon mit Rührei befüllt war.
„Ich hoffe du magst Eier.“, sagte er. Obwohl Leksi eigentlich kein großer Fan von Eiern war, nickte sie und begann sich eine Gabel nach der anderen in den Mund zu schaufeln. Blake setzte sich gegenüber von ihr hin.
„Was hast du heute vor?“, fragte er.
„Keine Ahnung. Ich habe keine Lust irgendetwas zu machen.“, gestand sie.
„Ich glaube nicht, dass es gut wäre, wenn du den ganzen Tag nur hier herumsitzt. Wir könnten uns Alicante anschauen.“, schlug Blake vor.
„Ich mag die Stadt nicht.“, sagte sie.
„Ich dachte du findest sie wunderschön?“, fragte er überrascht.
„Habe ich auch. Aber jetzt erinnert sie mich an den Rat. Ich will niemanden sehen.“, sagte sie und nahm einen Schluck Orangensaft.
„Aber du kannst doch nicht den ganzen Tag in diesem Haus verbringen?!“, gab Blake zu bedenken.
„Warum nicht?“, fragte Leksi.
„Ja, warum nicht, Loverboy?“, fragte Elijah. Er stand hinter Leksi am Türrahmen gelehnt. Leksi war so überrascht über seine Anwesenheit, dass sie beinah den Orangensaft über den Tisch spuckte.
„Ich freue mich auch dich zu sehen.“, lachte Elijah und zwinkerte ihr zu.

Blake nahm seinen Koffer und trug ihn die Treppe hinunter. Er war ein wenig traurig, da er Leksi allein lassen musste. Außerdem gefiel ihm der Gedanke sie bei Elijah zu lassen nicht so wirklich. Er hatte zwar akzeptiert, dass Leksi Elijah mochte, konnte selbst aber keine Sympathie für ihn empfinden. Aber das lag wahrscheinlich daran, dass er ihn schon einige Jahre kannte. Er hatte eine Veränderung in seinen Augen vor etwa einem Jahr gesehen. Aber er war auch vorher gemein und arrogant, daher dachte Blake nie, dass etwas bestimmtes passiert wäre. Allerdings ließ ihn das verlassene und staubige Haus noch einmal darüber nachdenken. Trotzdem konnte er sich nicht erklären was Elijah in einen stillen und böse dreinblickenden Schattenjäger verwandelt hatte. Er hatte alle seine Freunde verloren aber es schien ihn nie zu kümmern. Da es sein letztes Jahr war, hatte Blake gedacht, dass wäre vielleicht Elijah’s Grund. Er wollte sicherlich keine tieferen Freundschaften mehr aufbauen bevor er ging. Allerdings passte seine Beziehung zu Leksi überhaupt nicht in dieses Muster. Blake entschied sich nicht mehr darüber nachzudenken und ihn sich einfach verhalten zu lassen wie er es möchte, ohne ihn zu analysieren.

Leksi wartete bereits im Foyer. Sie trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Sie hasste es auf irgendetwas zu warten und es machte sie noch viel nervöser, dass Elijah den ganzen Tag noch nicht aufgetaucht war. Nicht, dass sie ihn hier haben wollte, aber sie fürchtete sich etwas davor allein im Haus zu sein. Sie hatten zwar den letzten Tag etwas sauber gemacht, sodass der meiste Staub weggewischt war. Dennoch herrschte eine unheimliche Stimmung.
„Die Kutsche ist schon da.“, sagte Leksi, als Blake zu ihr kam.
„Oh. Ich dachte wir hätten noch etwas Zeit.“, sagte er und schaute sie an.
Leksi schüttelte den Kopf und deutete durch das schmutzige Fenster nach draußen. „Scheint so, als sei der Kutscher ziemlich ungeduldig.“
Blake trat neben sie und schob den Vorhang beiseite um besser sehen zu können.
„Dann beeile ich mich wohl besser. Ich fühle mich schlecht, dich hier zu lassen.“, sagte er.
„Ist schon gut. Ich weiß, dass du hier bleiben würdest, wenn du könntest.“, beruhigte Leksi ihn.
„Aber…“, begann Blake.
„Es ist okay. Ich schaffe das schon.“, unterbrach sie ihn und lächelte. Blake nickte.
„Ich bin so schnell wie ich kann wieder hier.“
„Mach, was du tun musst und stress dich nicht.“, fügte Leksi hinzu. Blake nahm seinen Koffer und öffnete die Tür. Kalte, winterliche Luft füllte den sticken Raum. Leksi atmete die frische Brise ein.
„Benehm’ dich.“, sagte Blake grinsend.
„Ich versuch es.“, lachte Leksi.
Blake drehte sich um und ging den schmalen Weg durch den Vorgarten zur Straße. Als er in der Kutsche saß, winkte er Leksi zum Abschied zu. Etwas in ihrem Ausdruck veränderte sich. Sofort fühlte sie sich einsam. Sie fragte sich, wo Elijah wohl steckte und ob er extra weg war, weil er Blake nicht Tschüss sagen wollte. Aber das ergab eigentlich keinen Sinn.
Gedankenverloren lief Leksi in die Küche. Sie durchsuchte den Kühlschrank nach Essen und Getränken. Es war so gut wie nichts da, was auch das spärliche Frühstück und Abendbrot der letzten Tage erklärte. Da sie aber sehr hungrig war, nahm sie etwas Gemüse aus dem Gemüsefach. 
Es war so still im Haus, dass jeder Schnitt mit dem Messer durch die leeren Räume hallte. Nach einer Weile hörte sie einen Schlüssel in der Haustür. Sofort ging sie in den Flur, um nachzusehen, ob es Elijah war. Aber als sie schon erwartete seine hellen Augen und zerzausten Haare zu sehen, erschrak sie. Eine große schlanke Frau betrat das Haus. Sie hielt inne, als sie Leksi bemerkte. Erst wirkte sie überrascht aber dann kniff sie die Augen zu Schlitzen zusammen. Leksi wusste sofort, dass es sich um Elijah’s Mutter handelte. Sie hatte lange lockige Haare in der gleichen Farbe wie Elijah’s Schopf. Sie hatte blasse Haut mit rosa Wangen und fast weißen Lippen. Nur ihre Augen waren das genaue Gegenteil von Elijah. Sie waren so schwarz wie die Pupillen, was sie sehr gefährlich und irgendwie dämonisch erscheinen ließ. Was ziemlich ironisch war, wenn man bedachte, dass sie eine Schattenjägerin war. Leksi konnte nicht einschätzen wie alt sie war. Sie hatte leichte Falten um die Augen und ihre Mundwinkel aber gleichzeitig wirkte sie mit ihrer Röhrenjeans und den Stiefeln sehr jung.
„Du musst Aleksa sein.“, sagte sie. Ihre Stimme klang steif.
„Sie müssen Elijah’s Mutter sein.“, antwortete Leksi.
„Ich weiß nicht, wieso ich all die Abtrünnigen beherbergen muss.“, sagte sie und zog ihren Mantel aus.
„Bitte?“, fragte Leksi.
„Du bist das Mädchen, das ihre Parabatai hat sterben lassen. Du hattest eine Aufgabe. Was war so schwer daran?“, fragte sie. Leksi brauchte eine Minute um zu verstehen, was Elijah’s Mutter da von sich gab.
„Ich glaube nicht, dass Sie in einer Position sind um mich zu verurteilen.“, sagte sie und wurde wütend.
„Und wer sonst?“, wollte Elijah’s Mutter wissen. Leksi fand, dass sie sich wie ein starrköpfiger Teenager benahm, der nicht zu einer Party gehen durfte. Am liebsten wollte Leksi ihr ins Gesicht schlagen oder sie anschreien, aber hatte viel zu viel Angst vor ihrer Reaktion, da sie ohnehin leicht reizbar und unberechenbar wirkte.
„Ich meine ja nur, dass Sie nicht die ganze Geschichte kennen und auch nicht die Beziehung, die ich zu Annabeth hatte. Sie können nicht einfach behaupten, ich hätte sie sterben lassen.“, sagte Leksi. Tränen drückten gegen ihre Augen. Sie wollte weinen, aber musste stark bleiben und schluckte die Wut hinunter. Plötzlich verstand sie, wieso Elijah nicht über seine Mutter sprach. Auch wenn sie nicht wusste, wie sie sich ihm gegenüber verhielt, ahnte sie, dass es wohl nicht viel anders war.
„Alles nur Entschuldigungen. Du und Elijah passt wirklich hervorragend zusammen. Ihr seid beide egoistisch und voller Ausreden.“
Leksi schüttelte den Kopf und drehte sich um, um wieder nach oben auf ihr Zimmer zu gehen. Doch bevor sie die erste Stufe überhaupt erreicht hatte, überwältigte sie die Wut.
„Wissen Sie was?! Sie sind widerlich.“, schrie sie. Elijah’s Mutter öffnete ungläubig den Mund und ihre Augen weiteten sich.
„Ja, ich habe widerlich gesagt. Es ist eine Sache, dass sie mich beleidigen, ein Mädchen, das sie gar nicht kennen. Aber Ihren eigenen Sohn? Das ist einfach ekelhaft.“
„Wer glaubst du, bist du, dass du so mit mir reden kannst?“, fragte Elijah’s Mutter.
„Ich könnte die gleiche Frage stellen, meinen Sie nicht?“, antwortete Leksi. Sie fühlte sich schon um einiges besser. Nicht nur, dass sie sich selbst verteidigen konnte, sie musste einfach Elijah verteidigen. Er hatte es nicht verdient so behandelt zu werden.  
„Nur, dass du es weißt, du bist in diesem Haus nicht willkommen und ich dulde deine Anwesenheit nur, weil Mrs. Wayland es so möchte.“, sagte Elijah’s Mutter und hob ihr Kinn.
„Ich will gar nicht hier sein.“, sagte Leksi, stampfte die Treppen nach oben und schlug ihre Zimmertür zu. Jetzt war sie es, die sich wie ein zickiger Teenager benahm aber sie war einfach zu wütend. Sie boxte in ihre Kissen und warf diese gegen die Tür, um sich zu beruhigen. Sie nahm ein Buch und setzte sich in den großen Ohrensessel. Es gelang ihr nicht recht sich zu konzentrieren. Ein wenig später hörte sie jemanden die Treppe nach oben kommen. Sofort schlug ihr Herz schneller. Sie hatte Angst Elijah’s Mutter würde nach ihr sehen und sie eventuell aus dem Haus werfen oder einen neuen Streit anfangen.
„Aleksa, ich bin es.“, hörte sie Elijah’s Stimme durch die Tür.
Leksi sprang auf und rannte los. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals.
„Ich bin so froh, dass du da bist.“, flüsterte sie.
„Ich tippe mal du bist meiner Mutter begegnet.“, sagte Elijah und befreite sich aus Leksi’s Griff. Er drückte sie zurück in ihr Zimmer und schloss die Tür.
„Es tut mir leid. Ich hätte dich warnen sollen. Was hat sie gesagt?“, plapperte Elijah.
Leksi erzählte ihm grob, was seine Mutter zu ihr gesagt hatte, ließ aber die Teile aus, wo es um Elijah gegangen war aus.
Elijah spannte all seine Muskeln an und schlug mit der Faust gegen die Wand.
„Nicht.“, sagte Leksi besorgt und versuchte seine Hände festzuhalten.
„Ich bin nur so wütend.“, sagte er und wollte sich aus Leksi’s Griff befreien.
„Schau mich an.“, sagte sie und legte ihre Hände auf jede Seite seines Gesichts, sodass er sie direkt ansehen musste.
„Lass es nicht an dich heran. Du hast mir das beigebracht. Es ist nicht so schlimm, okay?!“, sagte sie.
„Es ist nicht okay.“, grummelte er.
„Ich habe schon Schlimmeres gehört. Ich kann damit umgehen. Und du kannst das auch.“, meinte sie und hielt immer noch seinen Kopf fest. Sein braunes Haar bedeckte ein Auge. Vorsichtig nahm Leksi die Strähne und strich sie nach hinten. Elijah nickte langsam.
„Nur eine Frage.“, sagte Leksi und ließ ihn los.
Elijah schaute sie abwartend an.
„Können wir eventuell irgendwo anders hingehen, solange sie da ist?“
Elijah lächelte. „Ich glaube du bist eine der wenigen, die meine Mutter nicht ausstehen können.“
„Ist das ein ja?“, wollte Leksi wissen. Sie hasste den Gedanken seiner Mutter noch einmal über den Weg zu laufen. Auch wenn sie Blake auf eine gewisse Weise versprochen hatte sie würde sich benehmen, musste sie die Regeln brechen und dieses Haus und vielleicht auch Alicante verlassen. Wenn Blake nicht wollte, dass sie etwas dummes anstellte, musste sie gehen, denn sonst konnte sie nicht garantieren eine gewisse Person nicht im Schlaf zu ersticken.
„Aber du brauchst etwas anderes um Anziehen.“, sagte Elijah und musterte sie.
„Was ist falsch an meiner Kleidung?“, fragte sie.
„Wo wir hingehen musst du etwas schicker aussehen.“, sagte er und zwinkerte.
„Ich frage am besten gar nicht erst, wo du mich hinschleppen wirst.“, sagte sie und rollte mit den Augen. Sie war schon an ihrem Koffer zugange und suchte nach etwas Ausgehtauglicherem.
„Gute Idee“, sagte Elijah. „Ich hole dich dann in einer Stunde ab.“, fügte er hinzu und öffnete die Tür um zu gehen.
„Warte!“, meinte Leksi. „Muss ich noch irgendetwas anderes mitnehmen?“, wollte sie wissen.
„Ich glaube nicht.“, antwortete Elijah und schloss die Tür hinter sich. 

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